Lieber Freunde und Familie

Andreas Kostorz kickte in der Jugend für die Münchner Löwen - Profi werden wollte er jedoch nicht.




Ein kleiner Teil von ihm fragt sich manchmal, was gewesen wäre, wenn. Wenn er sich mit 17 Jahren nicht dafür entschieden hätte, den Fußball für Freunde und Ausbildung zurückzustellen. Wäre er dann da, wo heute Kevin Volland, Bobby Wood und Peniel Mlapa stehen und würde in der ersten oder zweiten Bundesliga auflaufen, im Trikot von Borussia Mönchengladbach, dem Hamburger SV oder Bayer Leverkusen? Mit allen drei Fußballern hat Andreas Kostorz in der U 17-Bundesligamannschaft des TSV 1860 München gespielt. Sie haben es, wie weitere seiner ehemaligen Mannschaftskameraden, in den Profifußball geschafft. Kostorz kickt währenddessen in der Landesliga beim VfB Hallbergmoos-Goldach - und ist vollkommen zufrieden.

"Auch in der Landesliga wird ordentlich gekickt", sagt er lachend. Mit fünf Jahren hatte Andreas Kostorz beim SC Freimann seine Fußballkarriere angefangen. Bei einem großen Sommerturnier war sein Vater dabei, am Spielfeldrand wurde er angesprochen: "Ist das Ihr Sohn?" Es war ein Trainer vom TSV 1860 München, der ihm die Frage stellte. Kostorzs Vater hat selbst mal Fußball gespielt, aber nicht so hoch wie sein Sohn. In der Jugend begleiteten Vater und Bruder ihn oft, die Familie unterstützte seine Ambitionen. Kurz nach dem Sommerturnier wechselte Kostorz. Von der U 8 bis zur U 17-Bundesliga spielte er im Trikot der Löwen, fuhr auf Turniere in Japan, Italien, Luxemburg und Österreich. Damals noch war der Münchner Verein eine der Top-Ausbildungsstätten im deutschen Fußball. "Jedes Jahr wurde hart ausgesiebt", erinnert sich Kostorz. Mit 17 Jahren kam dann die Entscheidung, die allen im Nachwuchsbereich bevorsteht: Was ist wichtiger? Fußball, Ausbildung, Freunde? Andreas Kostorz entschied sich gegen den Fußball - zumindest im Profibereich. Er wechselte erst zum FC Ismaning und kam 2011 nach Hallbergmoos. "Natürlich hatte ich damals als fünfjähriger Knirps den Traum, Fußballprofi zu werden. Aber irgendwann kommt eben die Realität", sagt der 28-Jährige.

Diese Saison läuft es nicht schlecht für den VfB Hallbergmoos-Goldach, aktuell steht das Team auf dem vierten Tabellenplatz. Um in die Bayernliga aufsteigen zu können, muss man Erster oder Zweiter werden. "Da ist was drin", meint Kostorz. "Aber die Konkurrenz ist riesig, es ist eine enge, gute Liga." Der defensive Mittelfeldspieler stand bisher in jeder Partie auf dem Feld, wurde sieben Mal in die "Elf der Woche" der Liga gewählt und erzielte neben fünf Vorlagen auch fünf Tore. Er ist zweiter Kapitän der Mannschaft. "Wir haben eine alterstechnisch sehr gemischte Mannschaft. Es gibt viele junge und vier, fünf erfahrene Spieler, zu denen auch ich zähle. Neben Leistung erwartet unser Trainer deshalb, dass wir Verantwortung übernehmen und unsere Erfahrung weitergeben."

Immer wieder wurde Kostorz auch von höherklassigen Vereinen angefragt. 2017 wollte er es dann doch noch mal wissen. Er ging nach Unterföhring, in die Regionalliga. "Das war nicht verkehrt. Tempo und Härte sind anders, das ist schon eine Semiprofiliga", sagt Kostorz. Vier Mal in der Woche Training, weitere Reisen zu den Spielen. Ein halbes Jahr machte der Fußballer das mit. Im Winter wechselte er zurück nach Hallbergmoos. "Im Grünwalder Stadion zu spielen, war schon cool. Aber ich habe mich dabei nicht wohlgefühlt", begründet Kostorz die Entscheidung. "Familie und Freunde - das, was mir damals schon wichtiger war, fiel hinten runter. Ich bin schon ein Familienmensch, nur Fußball geht auch nicht." Er denk bis heute gerne an die Zeit bei 1860 München zurück. Löwen-Fan ist er aber nicht. Dann Bayern? "Auch nicht. Ich interessiere mich für guten Fußball - Dortmund, Bayern, Barcelona, die englische Liga. Aber Fan bin ich nicht", sagt Kostorz.


Quelle: Süddeutsche Zeitung 18.2.2020/ Autorin: Laura Dahmer


Andreas Kostorz ganz links in rot
Trainingsauftakt bei der Zweiten
Volles Haus beim Hallberg-Master-Cup der F2
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