Die litauische Fußball-Nationalmannschaft hat sich beim Debüt von Co-Trainer Gediminas Sugzda achtbar aus der Affäre gezogen. Die Sensation blieb jedoch aus.
Hallbergmoos – Als Coach des VfB Hallbergmoos ist Gediminas Sugzda (52) das Gewinnen gewohnt – und angesichts des sich anbahnenden Abbruchs der Saison 2019/21 dürfte er auch den Bayernliga-Aufstieg feiern. Als Co-Trainer der litauischen Nationalmannschaft hat er eine andere Mission – dort sind achtbare Niederlagen gefühlte Siege. Zum Auftakt der Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft haben sich die Litauer mit einem 0:1 in der Schweiz und einem 0:2 zu Hause gegen Italien gut aus der Affäre gezogen.
Markus Palionis beispielsweise ist Profi bei Zweitligist SSV Jahn Regensburg und mit sechs Einwechslungen in dieser Saison nicht mehr als ein Ergänzungsspieler. In der litauischen Nationalelf ist er eine große Nummer und machte klasse Partien gegen die Topteams. Doch auf der Gegenseite stand etwa Ciro Immobile, der 17 Tore in der italienischen Serie A geschossen und in der Champions League Borussia Dortmund vor größere Probleme gestellt hat. Und auch bei der Schweiz kickten fast nur Stammspieler aus der deutschen Bundesliga oder der englischen Premier League.Sugzda: „Wir wissen, was wir können, und schätzen das gut ein."
„Es ist klar, dass die Fans gerne ein Wunder hätten", sagt Sugzda zu den verschiedenen Fußballwelten. „Aber wir wissen, was wir können, und schätzen das gut ein." Und doch gab es diese Momente, in denen ein mittleres Fußballwunder möglich war: Gegen Italien gingen beide Mannschaften mit einem 0:0 in die Halbzeit, und kurz vor Schluss fehlten bei einer Großchance nur wenige Zentimeter zum 1:1-Ausgleich. „Der Gianluigi Donnarumma ist auch kein schlechter Torwart", sagt Sugzda über den italienischen Keeper, der eben in dieser Szene zur Stelle war.
Unter dem Strich könne man stolz auf die Leistungen sein. Aber wie man den Hallberger Coach aus der Landesliga Südost kennt, war auch das Schweizer 1:0 nach eineinhalb Minuten kein Grund für Ausreden: „Dieser schnelle Treffer hat den Gegner vielleicht auch etwas beruhigt." Der neue Assistent seiner Nationalmannschaft im Heimatland ist auch sehr angetan von Cheftrainer Valdas Urbonas: „Er hat einen Plan und einen guten Draht zur Mannschaft."
Für Sugzda selbst war angesichts des ungewohnten Aufgabenbereichs im Spiel vieles anders: „Ich musste auf den Gegner schauen und Veränderungen in der Taktik beobachten. Normalerweise konzentriere ich mich eher auf meine Mannschaft." Die große Fußballbühne mit Weltstars in den gegnerischen Reihen betrat er ruhig: „Für mich war das nichts Neues, weil ich als Profi auch schon vor 70 000 Zuschauern gespielt habe." Und dennoch hatte auch Sugzda einen bewegenden Moment: „Wenn die eigene Nationalhymne gespielt wird, ist das emotional. Die restliche Zeit macht man dann rational seine Arbeit."
Sugzda stellte im Stadion von St. Gallen beim Schweiz-Gastspiel aber auch fest, „dass es ohne Zuschauer einfach nicht das Wahre ist. Es fehlt etwas." Trotzdem hat es dem fußballbegeisterten Übungsleiter gut getan, endlich wieder Partien mitzuerleben.
Unabhängig vom Corona-Lockdown geht es für Sugzda schon bald weiter. Anfang Juni wird der baltische Pokal ausgespielt, bei dem die Litauer auf Estland und Lettland treffen. Das sind prickelnde Derbys, zudem treffen sich Nationalmannschaften auf Augenhöhe. „Dann geht's um Ergebnisse", sagt der 52-Jährige.
Vor seiner zweiten Länderspielreise dürfte der Trainer mit dem VfB den Einzug in die Bayernliga bejubeln, wenn der Saisonabbruch offiziell ist. Sugzda wäre lieber sportlich auf dem Rasen aufgestiegen – samt großer Emotionen und einer unvergesslichen Feier. Dem Ganzen könnte er nur einen kleinen Vorteil abringen: „Ohne die Bierduschen muss ich danach meine Klamotten nicht siebenmal waschen, bis ich sie wieder tragen kann."
Quelle: Freisinger Tagblatt 24.4.21 Autor: Nico Bauer Foto : Privat